Die Baureihe 123 › Mercedes-Seite ‹ (2024)

Coupé, Limousine und T-Modell der Baureihe 123 (1975 bis 1985)

Die Limousinen der Baureihe 123 gehören zu den Alltagsikonen von Mercedes-Benz. Bis heute: Es gibt kaum ein Land, in dem nicht noch eine erhebliche Anzahl von Fahrzeugen dieser Baureihe im Straßenverkehr unterwegs ist – und das, obwohl die letzten Exemplare im Jahr 1985 vom Band gelaufen sind. In Deutschland gibt es noch rund 33.000 Stück, in den USA gut 106.000 Fahrzeuge. Das spricht für die Langlebigkeit der Baureihe in jeder Hinsicht: Seinerzeit hat sie Maßstäbe gesetzt beispielsweise in punkto Qualität, Komfort, Sicherheit und Design – was sich in keinem Punkt abgenutzt hat. Denn wer heute eine Limousine etwa der Typen 200 D, 230 oder 280 E fährt, erlebt in ihr nach wie vor alle Werte der Marke Mercedes-Benz. Das Motorenprogramm ist umfangreich, es reicht vom kleinsten Diesel im Typ 200 D mit 40 kW bis zum Ottomotor-Typ 280 E mit 130 kW. Für die meisten Ottomotor-Typen sind Nachrüst-Abgaskatalysatoren erhältlich, so dass man eine in Deutschland gültige grüne Feinstaubplakette erhält.

Klassische Schönheit aus der oberen Mittelklasse - Limousine der Mercedes-Benz Baureihe 123. Sie wurde von 1975 bis 1985 gebaut.

Selbst wirtschaftlich kann es durchaus attraktiv sein, ein klassisches Fahrzeug zu fahren. Für alle Rechnungen entscheidend sind zunächst ein marktüblicher Kaufpreis und ein guter Zustand des Fahrzeugs. Dann sind die weiteren Überschlagsrechnungen überschaubar: Denn kauft man etwa einen wohlerhaltenen Mercedes-Benz 230 E für 8000 statt einen modernen Kleinwagen für 15000 Euro, bleibt noch genügend finanzieller Spielraum, um zum Beispiel auf Jahre hinaus die höhere Kraftfahrzeugsteuer zu finanzieren. Auch eventuelle Reparaturen lassen sich damit bestreiten. Der größte Trumpf eines jungen Klassikers ist jedoch, das sein Wert bei ordnungsgemäßer Wartung und guter Pflege zumindest nicht mehr sinkt, also so gut wie kein Wertverlust mehr stattfindet, und in vielen Fällen über die Jahre sogar steigt.

Beim Erhalt hilft die vorzügliche Ersatzteileversorgung von Mercedes-Benz: Nahezu jedes Teil ist über den Mercedes-Benz Partner und das unternehmenseigene Bestellsystem zu beziehen, die Lieferung erfolgt meist über Nacht. Und einige Vertragswerkstätten sind sogar zum Classic Partner ernannt – sie haben eine herausragende Kompetenz für ältere Fahrzeuge. Wobei insbesondere bei jungen Klassikern alle Mercedes-Benz Niederlassungen und Partner nach wie vor ein hohes Maß an Fachwissen vorweisen können. Nicht von ungefähr gilt für sämtliche Fahrzeuge der Marke die Devise „Service ein Leben lang“.

Die Baureihe W123 wird der Öffentlichkeit erstmals im Januar 1976 vorgestellt. Die Karosserievariante der Limousine dient als Premierenfahrzeug – schon vom Sommer 1975 an ist die Produktion vorbereitet worden. Daneben gibt es noch die T-Modelle, die Coupés sowie Limousinen mit verlängertem Fahrgestell. Schon bald nach der Präsentation ist die erste Jahresproduktion ausverkauft, junge Gebrauchtwagen erzielen 1976 oft ihren Neupreis. Unter anderem wegen der langen Lieferzeiten, die so entstehen, baut Mercedes-Benz parallel zum neuen Modell noch ein Jahr lang den Vorgänger.

Das neue Modell wird von Fachleuten und Kunden entsprechend begeistert aufgenommen. Die Konstruktion der Baureihe 123 weist auf verschiedene Weise in die Zukunft: Technisch mit ihren zahlreichen Innovationen im Bereich Fahrzeugsicherheit, ästhetisch mit ihrem Design, das sich am Erscheinungsbild der S-Klasse W116 und der SL-Modelle R/C107 orientiert. Ausdruck davon sind zum Beispiel die quer liegenden Scheinwerfer statt der bisher üblichen, klassischen Hochkant-Leuchten.

Größere Sicherheit, mehr Komfort und eine höhere Servicefreundlichkeit: Das sind die Forderungen an die Konstrukteure von Mercedes-Benz, als 1968 das Lastenheft für die neue Baureihe entsteht. Besonderen Wert legen die Konstrukteure bei der Entwicklung des neuen Typs auf eine noch höhere Sicherheit für die Insassen. Dieses Thema wird in den 1970er Jahren immer stärker diskutiert und führt auch zu neuen Vorschriften: So macht die Bundesrepublik Deutschland zum 1. Januar 1976 das Anlegen des Sicherheitsgurtes auf den Vordersitzen zur Pflicht. Entsprechend dieser Tendenz sind Rückhaltesysteme und Fahrgastzellen mit möglichst wenig Verletzungsquellen ein Schwerpunkt der Entwicklung. Auch über die Integration von Airbags denken die Konstrukteure bereits nach, eingebaut werden die Luftsäcke aber erst von 1982 an als Sonderausstattung. Neben Airbags sind im W123 erstmals in der oberen Mittelklasse auch das Anti-Blockier-System ABS Airbag erhältlich.

Die Baureihe 123 ist technisch völlig neu konstruiert, allerdings orientiert sie sich sowohl am „Strich-Acht“-genannten Vorgänger (Baureihe 115/114) wie auch an der S-Klasse von 1972 (Baureihe 116) orientiert. Aus der Vorgänger-Baureihe übernimmt das neue Modell vor allem die Motoren, eine Ausnahme ist nur das neu konstruierte 2,5-Liter-Sechszylinderaggregat des Mercedes-Benz 250 (M 123). Aus der S-Klasse kommt unter anderem die Doppelquerlenker-Vorderradaufhängung. Dabei sind die Lenkdrehachsen der Räder so ausgerichtet, dass ihre gedachte Verlängerung mit der Standfläche der Reifen auf der Fahrbahn übereinstimmt. Diese neutrale Einstellung (Lenkrollradius Null) sorgt beim Bremsen dafür, dass die Räder nicht nach innen oder außen abgelenkt werden. Mit der Doppelquerlenkerachse entfällt auch der mit dem Ponton eingeführte Fahrschemel als Einheit von Motor, Getriebe und Vorderradaufhängung. Im Heck der Baureihe 123 arbeitet eine Diagonal-Pendelachse, die sich schon in der Baureihe W115/114 bewährt hat.

Zur Sicherheit der Insassen trägt insbesondere die Kombination aus einer noch stabileren Fahrgastzelle mit großen Knautschzonen bei: Front und Heck des Fahrzeugs sind darauf ausgelegt, sich bei einer Kollision kontrolliert zu deformieren und so bei einem Aufprall deutlich mehr Energie aufzunehmen, als das bei früheren Konstruktionen der Fall gewesen ist. Der zentrale Bereich der Karosserie, die so genannte Sicherheitszelle (1951 patentiert als „gestaltfeste Fahrgastzelle, umgeben von Knautschzonen vorne und hinten“), hat noch mehr Stabilität durch den Einbau von stärkeren, geschlossenen Profilen in Dachrahmen und den sechs Dachsäulen erhalten. Für besseren Aufprallschutz sorgen stärkere Holme in den Türen.

Die Lenksäule der Baureihe 123 ist ebenfalls mit Blick auf die Sicherheit des Fahrers optimiert worden: Ein Wellrohr verbindet Mantelrohr und Lenkaggregat miteinander. Bei einem Unfall kann das Wellrohr in verschiedene Richtung wegknicken. So verringert sich die Gefahr, dass die Lenksäule in die Fahrgastzelle eindringt. Diese Erfindung stammt ebenso wie die gestaltfeste Fahrgastzelle mit Knautschzonen von Béla Barényi, dem Pionier der passiven Fahrzeugsicherheit beiMercedes-Benz. Der Einbau in der Baureihe 123 ist die Premiere der 1963 patentierten Sicherheitslenkwelle als komplettes System. Und der Treibstofftank befindet sich über der Hinterachse, was ihn bei einem Unfall bestmöglich schützt.

Als Mercedes-Benz die neue Limousine der obere Mittelklasse 1976 auf den Markt bringt, ist auf den ersten Blick deren Zugehörigkeit zur aktuellen Stuttgarter Modellgeneration zu erkennen: Wie die S-Klasse W116 und der SL der Baureihe 107 hat der W123 quer liegende Scheinwerfer statt der früher aufrecht stehenden Leuchten: Er beleuchtet die Fahrbahn mit runden Scheinwerferpaaren, die jeweils hinter einer gemeinsamen, rechteckigen Streuscheibe untergebracht sind. Einzig die beiden Spitzenversionen 280 und 280 E haben bereits bei der Premiere der Baureihe rechteckige Halogen-Breitbandscheinwerfer. Mit der Modellpflege 1982 werden diese rechteckigen Strahler dann für alle Versionen sämtlicher Karosserievarianten eingeführt.

Reisewagen mit Sechszylindermotor: Die leistungsstarken Spitzenmodelle der Mercedes-Benz Baureihe 123 (1975 bis 1985) waren in den ersten Jahren an den rechteckigen Breitbandscheinwerfern zu erkennen, die später alle Baureihen bekamen.

Zur Premiere des neuen Modells wird die Baureihe 123 nicht nur als Limousine angeboten, sondern auch als Fahrgestell. Das entspricht der Tradition von Mercedes-Benz. Vor allem Binz (Lorch) und Miesen (Bonn) bauen Krankenwagen auf dieser Basis; die Fahrgestelle mit normalem Radstand (2,80 Meter) bekommen die Baureihennummer F123 und werden zunächst als 240 D und 230 angeboten. Die auf einen Radstand von 3,43 Meter verlängerten Fahrgestelle (VF 123) gibt es zunächst von den Typen 240 D, 300 D und 250.

Auf bewährte Technik greifen die Schöpfer der Baureihe 123 auch bei den Motoren zurück: Allein der neue 2,5-Liter-Sechszylinder M123 im Typ 250 (95 kW) entsteht für die Premiere neu. In den anderen acht Modellen des ersten Jahres arbeiten Motoren, die auch schon die Vorgänger-Baureihe vorangetrieben haben: Der Reihenvierzylinder M115 kommt in den Typen 200 (69 kW) und 230 (80 kW) zum Einsatz, die Spitzenmodelle der Typen 280 (115 kW) und 280 E (130 kW) werden vom Reihensechszylinder M110 (als Vergaser- und als Einspritzmotor) angetrieben. In den Dieseltypen 200 D (40 kW), 220 D (44 kW) und 240 D (48 kW) arbeitet der Vierzylindermotor OM615, den Typ 300 D (59 kW) treibt das Fünfzylinderaggregat OM617 an.

Bereits 1978 überarbeitet Mercedes-Benz diese Motorenpalette gründlich. Der Typ 200 (jetzt 80 kW) erhält 1980 sogar einen neuen Motor, den M102. Dieser arbeitet als Einspritzer auch im 100 kW starken Typ 230 E. Ein herausragendes neues Triebwerk ist auch der aufgeladene Fünfzylinder-Diesel OM617, der 1981 für den Typ 300 D Turbodiesel (92 kW) in die Baureihe aufgenommen wird. In den Vereinigten Staaten wird dieser aufgeladene Selbstzünder-Motor in allen Karosserievarianten angeboten, in Deutschland jedoch gibt es den Typ 300 D Turbodiesel ausschließlich als T-Modell.

1977 präsentiert Mercedes-Benz gleich drei weitere Karosserievarianten: das Coupé, die Limousine mit langem Radstand und erstmals in der Markengeschichte ein T-Modell aus Werksfertigung. Das Coupé kommt im Vergleich zu seinem Vorgänger viel eigenständiger gegenüber der Limousine daher. Und das T-Modell eröffnet eine ganz neue Karosserievariante in der Serienfertigung von Mercedes-Benz.

Der V123 hatte einen um 63 Zentimeter längeren Radstand (3,43 Meter) als der W123 (2,80 Meter).

Im August 1977 stellt Mercedes-Benz die Langversion der Mittelklasse-Limousine vor: Der V123 hat einen um 63 Zentimeter längeren Radstand (3,43 Meter) als die Limousine (2,80 Meter). Das bietet genug Platz für eine dritte Sitzbank und macht den Wagen zum bequemen Taxi, Firmen- oder Hotelwagen für sieben Passagiere. Angeboten werden die Typen 250, 240 D und 300 D. Während bei der Heckflosse das Angebot einer achtsitzigen Limousine noch auf einen sehr wirtschaftlichen Diesel-Motor beschränkt ist (Typ 200 D lang), folgt die Baureihe 123 mit gleich drei leistungsstarken Versionen der Langlimousine dem Trend des Strich-Acht.

Neue Motoren für die Vierzylindermodelle der Baureihe 123 im Jahr 1980: Motorraum der Typen Mercedes-Benz 200 und 230 E (rechts).

Während der Bauzeit der Baureihe 123 wird die Leistung verschiedener Modelle mehrfach verbessert, außerdem kommen neue Typen dazu. So löst 1980 der neue Motor M102 das alte Aggregat M115 ab; im Typ 200 leistet der neue Vierzylinder als Vergasermotor 80 kW, im Typ 230 E, der den alten 230 ersetzt, bringt der erstmals mit einer Benzineinspritzung versehene Reihenvierzylinder 100 kW. Im Oktober 1980 präsentiert Mercedes-Benz erstmals in Deutschland einen Personenwagen mit aufgeladenem Dieselmotor.

Der 92 kW starke 300 TD Turbodiesel hat den gleichen Motor wie die Limousine 300 D Turbodiesel und das Coupé vom Typ 300 CD Turbodiesel, die beide ausschließlich für den US-Markt gebaut werden. Der Turbodiesel ist bei seiner Präsentation 1980 mit einem Grundpreis von 37200 DM fast das teuerste Serienmodell der Baureihe 123. Nur der 280 CE kostet im Grundpreis noch 100 DM mehr. Entsprechend trägt der Wagen mit dem aufgeladenen Dieselaggregat die gehobene Karosserie-Ausstattung mit rechteckigen Breitwandscheinwerfern und verchromten Lufteinlassgittern vor der Frontscheibe.

Rund oder eckig: An den Scheinwerfern der ersten Generation der Mercedes-Benz Baureihe 123 (1975 bis 1985) konnte man Spitzenmodelle und die weniger stark motorisierten Versionen unterscheiden. Ab 1982 hatten alle Typen die Rechteckscheinwerfer.

Im September 1982 entfällt das bisherige Unterscheidungsmerkmal der runden Doppelscheinwerfer für die kleineren Modelle der Baureihe 123: Alle Varianten erhalten im Rahmen eines umfangreichen Modellpflege-Pakets die schon von den Typen 280 und 280 E bekannten rechteckigen Breitbandscheinwerfer. Zu den zahlreichen anderen Verbesserungen gehören geänderte Windleitprofile an den A-Säulen sowie die serienmäßige Servolenkung.

Die Produktion der Limousine endet im November 1985. Wie schon beim Übergang vom Strich-Acht zur Baureihe 123 wird die neue Baureihe 124 fast ein Jahr lang parallel zum alten Modell produziert. Von 1975 bis 1986 wird die Baureihe 123 hergestellt, insgesamt knapp 2,7 Millionen Fahrzeuge. Darunter machen die Limousinen mit 2.389.140 Exemplaren den weitaus größten Teil aus. Erfolgreichste Limousinen-Motorisierung ist der Typ 240 D mit 448.986 Exemplaren. Der erfolgreichste Benziner ist der Typ 230 E mit 24.588 Limousinen

(Quelle: Daimler AG)


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